Das Motto meines Buches ist: „Das Persönliche ist politisch und das Politische ist persönlich“. Dem entsprechend ist die Biografie auf der einen Seite sehr persönlich und auf der anderen Seite sehr politisch. Im Persönlichem geht es u.a. um die Frage des Schuldbewusstseins, wie es die Kirche vermittelte und wie sich das politisch in der Geschichte auswirkte und wie es bis heute noch wirkt. Beim Politischen geht es im Kern um die Frage das sich die Raiffeisen- Genossenschaft vom Helfer der Baueren zu deren Ausbeuter veränderten. Vor allem in den Wertschöpfungs-Bereichen wird das sichtbar und Raiffeisen lenkt die Agrarpolitik.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort: Was erzähle ich in meinem Buch?………………………………………. 7
1. Kindheit und Jugend auf Großarler Bauernhof ……………………………. 13
2. Als Entwicklungshelfer war ich selbst Lernender
– Brasilien 1966-1970………………………………………………………………….. 37
3. Sekretär der „Kath. Jugend“………………………………………………………… 63
4. Die „Bergbauernvereinigung“ (ÖBV)…………………………………………….. 73
5. Die „Chico Hängematten“ …………………………………………………………… 96
6. Bauern in West-Afrika……………………………………………………………….. 103
7. Zweite Ehe mit einer Gärtnerin…………………………………………………..119
8. Parkinson mit 64 – neue Herausforderung…………………………………. 125
9. Neue Tätigkeit in der Konfliktforschung…………………………………….. 131
10. Die unbearbeitete Geschichte kehrt zurück……………………………… 134
11. Die Wirkung der Kirche ist nicht neutral: Sie behindert
das Selbstständigwerden der Menschen oder sie fördert es…………… 143
12. Unsere derzeitige Agrarpolitik produziert Hunger ……………………151
13. Raiffeisen erlag der kapitalistischen Gier………………………………….159
14. Der Befund der Agrarpolitik…………………………………………………….. 173
15. Die Revolution im Kampf um eine
neue Ernährungspolitik hat begonnen………………………………………….. 183
16. Politik von unten und oben für schwierige Problemlösungen……. 193
17. Nachwort……………………………………………………………………………….. ..197
Vorwort: Was erzähle ich in meinem Buch
Das Politische ist persönlich und das Persönliche ist politisch. Dieser
Satz führt uns vor Augen, dass unser persönliches Verhalten sich politisch
Franz Rohrmoser, im Januar 2018
vorliegende Autobiografie geschrieben. Ich blicke in diesem Buch zurück
auf mein sehr bewegtes Leben, das als Bergbauernsohn im Salzburger
Großarltal im Jahr 1943 begann.
Die bäuerliche Lebenswelt, in der ich aufwuchs, war religiös-katholisch
geprägt. Doch mein Vater, der im Zweiten Weltkrieg als Soldat
vermisst blieb, hinterließ ein „Bildungstestament“, das für mein Leben
bestimmend wurde. Während des Krieges und in der Nachkriegszeit
bot unser Bauernhof in den Bergen eine sichere Grundlage zu
überleben. Jedenfalls wurde die Erhaltung bäuerlicher Ernährungsgrundlagen
zu meinem Lebensthema – ob hier bei uns oder bei den
Indianern in Brasilien oder den Bauern in Westafrika, wo ich überall
tätig war.
1966 ging ich mit meinem Bruder Anton für dreieinhalb Jahre nach
Brasilien, wo wir als Entwicklungshelfer bei den Indios im brasilianischen
Amazonas-Urwald lebten. Wir trafen dort auf Egidio Schwade,
den heute in Europa und Brasilien bekanntesten Experten für den
Schutz der dort lebenden Indigenen. Durch ihn lernte ich Ende der
1960er-Jahre ein neues Modell politischer Arbeit und politischen
Denkens kennen, das für mich prägend wurde: die „Politik von unten“,
die bei den Armen ansetzt und mit ihnen als Betroffenen gemeinsam
Projekte schafft und entwickelt.
Durch meine Erfahrungen in Brasilien und zuvor in Portugal begann
in mir ein großer Umbruch: eine Revolution meines Denkens. Meine
Autobiografie erzählt von diesem persönlichen Wandel, da ich der
Meinung bin, dass er für andere Menschen – insbesondere aus der
bäuerlichen Welt – von Interesse ist.
Diese Revolution in meinem Kopf umfasste drei Bereiche: mein politisches
Denken, meine Haltung zur katholischen Kirche und Religiosität
und meine sexuelle Befreiung. Diese drei Themen griffen in
meinem Leben stark ineinander. Und sie greifen in jedermanns Leben
ineinander. Die geistige Reflexion, die ich in meinem Leben als Mittel
zur Hilfe und Selbsthilfe erlernte, will ich in dieser Autobiografie
anderen Menschen als Anstoß zur Verfügung stellen.
8 9
in Afrika und einer deutschen Stewardess in Paris, die ich bei einem
Französisch-Sprachkurs kennenlernte.
1991 begegnete ich meiner späteren zweiten Frau. Ich zog zu ihr nach
Kuchl bei Salzburg, wo ich noch heute lebe. In Kuchl, nicht weit von
Berchtesgarden entfernt, machte ich mir viele Gedanken über das
NS-Unrechtsregime. Im Jahr 2000 erkrankte meine Frau schwer. Ich
begleitete sie bis zu ihrem Tod sieben Jahre später. So war ich gefordert,
auch eine Begleitung beim Sterben und schmerzvoller Krankheit
zu erlernen (Kapitel 7).
Zwei Monate nach ihrem Tod meldeten sich bei mir selber die Symptome
einer Parkinson-Erkrankung. Es begann mit einem rechtsseitigen
Zittern. Ich war damals erst 63 Jahre alt. Ich stand nun vor der
Herausforderung, ein zerstörendes „System“ in mir selber zu integrieren
und zu bändigen. Auch dem stellte ich mich, zwar mühsam, aber
erfolgreich (Kapitel 8).
Es war für mich eine große Hilfe, von 1990 bis 1999 bei der Psychoanalytikerin
Thea Bauriedl in München eine Ausbildung zur
„Konfliktbearbeitung“ gemacht zu haben. Ich wurde vertraut mit
der Psychoanalyse nach Sigmund Freud. Ich erweiterte mein Wissen
um Mensch und Politik und meine persönliche Selbstreflexion um
die Dimensionen der Tiefenpsychologie. Das wurde sehr fruchtbar.
Wenn ich die Situation und Geschichte der Bauern und Bäuerinnen
in Österreich in meiner Autobiografie betrachte, liefert mir auch die
Psychoanalyse wertvolle Erkenntnisse über bäuerliche „Untertänigkeit“
und „Identifikation mit dem Ausbeuter“. Die Auflösung dieser
Abhängigkeiten beschreibe ich in einem eigenen Kapitel zu Kirche
und Religion. Die katholische Kirche braucht ein neues Frauenbild
und eine neue positive Definition von Sexualität.
Seit meiner Ausbildung als „Konfliktberater“ bei Thea Bauriedl arbeitete
ich als Berater von Gruppen, die sich für bäuerliche Zukunft einsetzen.
Dabei geht es wieder um mein Lebensthema Ernährungspolitik.
Entsprechend widme ich meine letzten Kapitel der großen Frage nachhaltiger
und demokratischer Agrarpolitik und der Analyse der starken
Defizite der Agrarpolitik und der Agrarwirtschaft in Österreich.
Seit zwei Jahren berate ich meine Freunde von der „IG Milch“ (Interessengemeinschaft
Milch), die sich in Österreich den Ruf von „Agrarrebellen“
erworben haben. Ein wichtiges Thema wurde für mich die
Befassung mit Untertänigkeit und Herrschaftsstrukturen, die aus der
Geschichte stammen. Die Bauernbefreiung der Revolution von 1848
Zurück aus Brasilien begann ich zunächst in der „Kath. Jugend Land
Salzburg“ mit Bauern zu arbeiten. Die in Brasilien gelernte „Politik
von unten“ floss dabei ein (Kapitel 3). Im Jahr 1974 gründete ich
mit kritischen, mutigen Bauern und dem Bergbauernexperten Franz
Stummer die „Österreichische Bergbauernvereinigung“ (ÖBV). Ich
hatte inzwischen geheiratet und zog nun mit meiner Frau Hilde nach
Wien.
Das Thema Ernährungspolitik stand voll im Mittelpunkt meines Lebens.
Ich wurde Geschäftsführer der „Bergbauernvereinigung“ und
unser Motto lautete: „Nicht warten auf Lösungen von oben, sondern
selber die Initiative ergreifen.“ In Österreich war dies damals ein völlig
neuer Politikansatz. Er wurde gefürchtet und geschätzt. Der Prominenteste,
der unsere Arbeit schätzte und unterstützte, war Bundeskanzler
Bruno Kreisky. Es war hoch spannend, mit ihm persönlich
zusammenzuarbeiten (Kapitel 4).
Im Jahr 1980 zog ich mich aus der Geschäftsleitung der „Bergbauernvereinigung“
zurück. Ich begann nun, die in der Politik gelernte
Selbsthilfe bei mir selber anzuwenden. Ich gründete mit meiner Frau
– wir hatten inzwischen drei Kinder – die Firma „Chico Hängematten“
in Eugendorf in Salzburg, für die ich das Webeprinzip der Amazonas-
Indianer in eine völlig neue, innovative Produktionstechnik
umsetzte. Ab 1985 erweiterten wir unser Hängematten-Unternehmen
auf dem Herkunftsbauernhof meiner Frau im Mühlviertel. Im selben
Jahr kam es jedoch zur Trennung von meiner Frau. Das Gelingende
und das Nicht-Gelingende liegen manchmal nahe beieinander (Kapitel 5).
1986 wurde ich in der Westafrika-Hilfe tätig. Mit Freunden (u.a. dem
Westafrikaexperten Hans Geißlhofer und später mit Rudolf Graf)
gründete und leitete ich bis Ende 1994 die „Entwicklungswerkstatt
Salzburg“, dann „Entwicklungswerkstatt Austria“. Nach dem Prinzip
einer „Politik von unten“ für Ernährungspolitik unterstützte ich jetzt
westafrikanische Bauern. Unserer Hauptgeldgeber war die österreichische
Entwicklungshilfe. Das damalige Bundesaußenministerium
unter Alois Mock (ÖVP) legte unsere Finanzierung bald lahm. Unsere
Arbeit wurde „abgedreht“. Bundeskanzler Franz Vranitzky und
Staatssekretär Peter Jankowitsch intervenierten und ließen unser Entwicklungsprojekte wieder aufleben. Unsere Partner in Westafrika waren
kleinbäuerliche Selbsthilfeorganisationen (NAAM und Fongs). In
diesem Kapitel 6 erzähle ich auch von der „Frau auf dem Sandhügel“
10 11
Ich schrieb meine Biografie mit Fachbegleitung
Ich habe lange überlegt, ob ich meinen Lebensweg mit meinen Erfahrungen
überhaupt aufschreiben soll. Liest denn das jemand? Das war
meine eher ablehnende Überlegung, bis ich in Kontakt mit dem Autor
und Publizisten Dr. Andreas Wagner kam. Er ist promovierter Politologe
und Historiker und Experte für Biografiearbeit. Er studierte an
der Universität Salzburg und an der Freien Universität in West-Berlin
und lebt nun wieder im Waldviertel.
Andreas Wagner motivierte mich, meine bewegte Lebensgeschichte und
meine Reflexionen aufzuschrieben. Er sieht sie als „wertvolles Archiv für
die Zukunft, für den historischen Dialog zwischen den Generationen
und mit der Bauernschaft und als Fortführung der großen Bildungskultur
der bürgerlichen Aufklärung“. Zwischen ihm und mir entstand
ein fruchtbares Dialogverhältnis. Als behutsamer Lektor begleitete er
mich beim Schreiben meiner Autobiografie, ohne meine Inhalte zu ändern.
Das ist eine Kunst, die er sehr gut beherrschaft.
Ich danke Andreas Wagner für seinen großen Einsatz für dieses
Buch, seine umfassende Lektoratsarbeit und für die Ermutigung zum
Schreiben. Ich danke meinem Bruder Toni für wichtige Beratungen,
meiner Tochter Claudia für das Buchcover, meiner Tochter Brigitte
für die Bilder und ihre Mitarbeit, meinem Sohn Martin als Helfer
bei Computerproblemen, meiner Partnerin Renate für ihr Verständnis.
Dank auch an meine Freunde Josef Krammer (Steiermark) und
Siegfried Jäckle (Schwarzwald), die mich durch Reflexion unterstützen,
sowie an die Vorstände der „IG-Milch“ und der „Bergbauernvereinigung“
für ihre Kooperation. Schließlich danke ich der exzellenten
Küche beim Nachbarn, dem Haus der Senioren in Kuchl, für das
gute, tägliche Mittagessen, das mich sehr stärkt, und der Gemeinde
Kuchl, die faire Regeln dafür schafft. Schließlich geht es im Buch um
Ernährungssicherung.
Franz Rohrmoser im Januar 2018